/ Rezensionen Mondlicht zündet die Stimmung an Christa Beau (2016, Haiku – Tanka – Haibun – Haiga)Berlin: epubli GmbHISBN: 978-3-7418-1885-1, 74 Seiten Christa Beau ist eine Autorin, die ihr Handwerk versteht: mit wachem Blick für ihre direkte Umwelt, daheim wie in der Natur, dazu mit sicherem Zugriff auf eine konzise Sprache im Wissen um den effektvollen Einsatz haiku-poetischer Mittel, die immer wieder durch frische Sichtweisen überraschen, Assoziationsspielräume eröffnen, um so den genretypischen Nachhall zu garantieren.Neben den insgesamt 85 Haiku enthält diese Neuerscheinung noch 9 Tanka, 8 Haibun und 10 Fotohaiga, letztere in Farbe und technisch variierend von Handzeichnungen bis zu computergerierten Objektbildern mit jeweils eingeschriebenem Typentext. Auch in diesen Bereichen zeigt Christa Beau, dass sie sich eine bemerkenswerte Kompetenz erarbeitet hat. Formal folgen die Tanka nicht mehr weder dem klassischen 5-7-5-7-7-Silbenschema noch der strengen inhaltlichen Zweiteilung in einen Oberstollen mit Naturbezug und einen Unterstollen mit Umschlag in die persönliche Empfindungswelt. Doch davon hat sich das zeitgenössische westliche Tanka ja schon längst emanzipiert. Und so überzeugen auch diese Texte durchaus durch ihre situative Geschlossenheit und emotionale Ansprache.Ebenso berühren die Haibun durch ihre besondere erlebte Betroffenheit, halten behutsam die Spannung aufrecht und verhelfen den Texten mit einem geschickt eingesetzten, kontrapunktischen Haiku – jeweils am Schluss – zu größerer Tiefe.Ein sehr empfehlenswertes Studienobjekt für alle an diesen vier Literaturformen japanischen Ursprungs interessierten Lesern. Klaus-Dieter Wirth / NeuphilologeRezension veröffentlicht in der Vierteljahresschrift der Deutschen Haikugesellschaft e. V. „Sommergras“ Juni 2017 / Nr. 117 Deutschland, hörst du mich? Hussain Saberi (2021)Erfurt: Dorise-VerlagISBN: 978-3-946219-52-1 Gedanken zum Buch von Christa Beau Die Meinungen in der Bevölkerung unseres Bundesstaates gegenüber Flüchtlingen sind sehr verschieden. Während sie von den einen abgewertet und schlecht behandelt werden, reichen andere die helfende Hand, bieten Ausbildungsplätze zum Erlernen eines Berufes und somit die Möglichkeit, Geld zu verdienen.Warum kommt ein Mensch aus einem fernen Land nach Deutschland? Warum setzt er sich einer gefahrvollen Reise aus? Hussain Saberi, ein junger Mann von 22 Jahren, wurde in Afghanistan geboren.Er schreibt: „Solange ich denken kann, ist Afghanistan ein unsicheres Land, ein Kriegsland.“Begegnet bin ich ihm im Oktober 2021 bei einer Lesung, organisiert durch den Pelikan e.V., in der Magdeburger Zentralbibliothek. Es war nicht das erste Mal, dass ich einem jungen Flüchtling gegenüber saß, der von seinem Leben auf einem anderen Kontinent dieser Erde erzählt.Mit einem Team des Schulprojektes „Verrückt! Na und! Seelisch fit in Schule und Ausbildung“ gehe ich seit vielen Jahren in die Schulhäuser. Wir schauen bei solch einem Projekttag auf die Seele der Schüler, sprechen über Gesundheit, psychische Krankheiten, zeigen Möglichkeiten der Hilfe auf, wenn das Empfindungsleben einmal verletzt oder gestört ist.In den letzten Jahren traf ich dort auch junge Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, dem Sudan und anderen Ländern. Die Schüler erzählten von Bomben, die neben ihnen ins Wohnhaus eingeschlagen waren, von Träumen, wo Menschenteile im Blut liegen, oder dem Vater, der auf der Überfahrt mit dem Schiff durch Misshandlung ums Leben kam.Diesen Traumata stehe ich oft hilflos gegenüber, fühle Ohnmacht und weiß, die Hilfe, die wir anbieten, reicht nicht. Als Hussain Saberi vor den Zuhörern auf dem Podium saß, begann er konzentriert seine Geschichte vorzulesen.Während des Lesens spürte ich deutlich: Er ist wieder in Afghanistan. Messer ritzen seine Oberarme auf, er fühlt den Lauf einer Kalaschnikow an Kopf und Bauch, sieht, wie Vater, Mutter und die Geschwister von den Taliban vertrieben werden. Er denkt an seinen Bruder, der im Frühjahr dieses Jahres, nach der Flucht in den Iran, auf offener Straße mit mehreren Messerstichen ins Herz getötet wurde. Er war erst achtzehn.Der junge Autor muss die Lesung abbrechen. Eine ihm vertraute Person liest den Text weiter.Was hat er, Hussain, getan?In seinem Buch lässt er uns wissen, wie er als junger Afghane versuchte, sein Traumstudium in der Richtung „Computer Science“ in Kabul, achtzehn Autostunden vom Wohnort entfernt, zu absolvieren. Weil er ein Hazara ist, eine abgewertete Minderheit in Afghanistan, wurde er ausgegrenzt und musste aufgeben. Trotz bester Noten kehrte er zurück zu seiner Familie. Um nicht untätig zu sein, unterrichtete er Freunde und Nachbarn in der englischen Sprache. Dafür sperrten ihn die Taliban ins Gefängnis und folterten ihn.Sein Vater meinte: „Du musst weg. Du bist hier deines Lebens nicht mehr sicher. Die Grenze nach Europa ist offen. Geh nach Europa. Das ist deine einzige Chance.“„Vater, wie kann ich weggehen? Ich habe meine Familie hier, ich will bei euch bleiben, bei dir, bei Mutter und meinen kleinen Geschwistern.“ „Du musst gehen.“ Die Flucht war qualvoll. Zu dritt eingepfercht in dem Kofferraum eines Taxis, in einem völlig überfüllten Schiff vom Iran über die Türkei zur griechischen Insel Lesbos, dann Athen, Mazedonien und in langen Fußmärschen Richtung Ungarn, Österreich, bis nach Deutschland. Misshandelt, hungrig, frierend und jede Nacht das Sterben in den Fängen der Taliban im Kopf, im Herzen die Sehnsucht nach der Familie.In München angekommen, wurde er, damals siebzehnjährig, in einer Auffangstation mit weiteren jungen Ausländern aufgenommen. Sein Leben als Flüchtling in Deutschland begann.Von nun an ist er ständig auf der Suche nach einem Ort und den Menschen, die ihn so akzeptieren, wie er ist. Ein Heim in Loburg wurde für ihn bis zum achtzehnten Lebensjahr sein Zuhause.Nicht immer waren die Begegnungen mit den Deutschen angenehm.„…denn eines Abends wurde ich dort von einem Betrunkenen mit einer Waffe bedroht.“Danach bezog er eine Wohnung im Ihletal in Burg.Zu seinem Hauptschulgang, den Hussain absolvieren musste, gehörte ein Praktikum. Mit der Bürokratie der Deutschen erhielt er dieses in der Burger Bibliothek. „Endlich kann ich mit meinen besten Freunden, den Büchern, wieder zusammensein.“Die Leiterin, Frau Obieglo, stand von nun an helfend an seiner Seite. Sogar in der Zeitung wurde ein Foto abgedruckt mit der Bibliothekarin, ihm und seiner Praktikumsarbeit.Als er davon per Telefon dem Onkel, der mittlerweile mit der Familie in den Iran geflüchtet war, stolz erzählte, wusste Hussain, er muss aufpassen, was er von seinem neuen Leben preisgibt.„Wie kannst du dich mit einer Frau ohne Kopftuch fotografieren lassen! Das ist gegen unsere Religion. Damit bist du raus! Du gehörst nicht mehr dazu“, so der Verwandte.Hussain gehörte nicht mehr zu seinem Volk, den Afghanen, aber auch nicht zu dem der Deutschen.Betrunkene warfen Bierflaschen nach ihm, schlugen ihn ohne jeglichen Grund ins Gesicht.Hussain erinnert sich: Ein Mann „war wie ein wildes Tier oder wie ein Taliban, die mir den Arm ausgekugelt haben und mich mit Messerstichen verletzt hatten.“Beistand und Hilfe kam nicht von den Behörden, nicht von der Polizei.Sätze wie: „Du bist Afghanistan, da nimmt man es mit der Wahrheit sowieso nicht so genau.“ Oder: „Afghanistan? Ich habe die Nase voll, wenn ich das schon höre…“, ließen ihn an der Menschlichkeit in unserem Land zweifeln. „Seit ich in Deutschland bin, empfinde ich immer wieder diese Kälte, wie eine Mauer aus Eis um mich herum,“schreibt er. Warum diese Kühle der Deutschen? Ich glaube, ich kenne einen Teil der Antwort. Zu viele Flüchtlinge kamen auf einmal nach Deutschland. Nicht jeder von ihnen hat ein gutes Herz wie Hussain Saberi, nicht jeder diese Grundbildung. Ihre Gewohnheiten, Rituale sind anders als die der Deutschen. Es gab Vergewaltigungen, Messerstecherei, Kämpfe innerhalb der verschiedenen Völkergruppen. Das schafft Unsicherheit, stumpft ab.Kraft und Mut holt sich Hussain Saberi aus dem Gestern, den Gedanken an seinen Vater.„Mit meinem Vater bin ich oft in der Dämmerung in die Berge gegangen, um nach Sternen zu sehen“, erinnert er sich. Einmal sagte er: „Sei vorsichtig mein Sohn, stelle dich nie über andere. Auch wenn andere dich schlecht behandeln, vergib und vergiss. Nutze stattdessen deine Kraft, den Menschen zu helfen.“Der junge Mann kann auch gute Erfahrungen machen, das bessere Deutschland kennen lernen. Das, was ich Heimat nenne.Er bekam die Möglichkeit für eine Reise nach Frankreich, wurde Mitglied des Burger Autorenkreises, der ihn immer wieder ermutigte, seine Geschichte, die Gedanken, Empfindungen und Erlebnisse aufzuschreiben. Hussain, mit seinen Mandelaugen. „Damit möchte ich die Welt sehen, wie du (Er meint die Autorin Brigitte Reimann.), und ich habe das Gefühl, ich schaffe das.“ Die Burger Schreibrunde, das sind Menschen, die Hussain nahe stehen. So wie ich, nachdem ich seine Geschichte gelesen habe. Es sind Menschen, die unser Land reich machen, die halfen, das Buch zu gestalten. Die Abschlussgedanken von Stefanie Obieglo lassen einen Schauer über den Rücken laufen.„In Afghanistan werden die Hazara verfolgt, weil sie Shiiten sind, im shiitischen Iran sind sie die „verhassten“ Afghanen.„Daran zu glauben, dass die Taliban heute gemäßigter als vor zwanzig Jahren sind, ist realitätsfremd.“„Es wird gemordet und gebrandschatzt wie eh und je.“„Es ist wie Siba Shakib vor neunzehn Jahren schrieb: Nach Afghanistan kommt Gott nur zum Weinen.“Die bunten Fotos, die im Buch zu betrachten sind, bringen mir Hussain Saberi und seine Liebe zur Heimat optisch nah. Ich wünsche ihm von Herzen, dass er sich hier in Deutschland zu einem wissenden, selbstbewussten Mann entwickeln kann und einmal seine Familie wieder findet.Ich teile die Ansicht des österreichischen Schriftstellers Ernst Ferstl:„Solange uns die Menschlichkeit miteinander verbindet, ist es völlig egal, was uns trennt.“ Ich könnte doch glücklich sein Christa Beau (2015):Erfurt: Dorise-VerlagISBN: 978-3-942401-90-6, 107 Seiten Rezension aus: Psychosoziale Umschau 3/2016Tabu Wochenbettdepression Trotz zahlreicher Fachpublikationen zu Thema Wochenbettdepression liegen nur wenige Erfahrungen aus Sicht der Erkrankten vor. Das Buch „Ich könnte doch glücklich sein“ von Christa Beau schildert die Gefühle, Ängste, Zweifel, Sorgen von psychisch erkrankten Müttern mit postpartaler Depression. Etwa jede zehnte Frau, d.h. 15 % aller jungen Mütter leiden nach der Entbindung an einer Wochenbettdepression. Postpartale Depression ist heute noch ein Tabuthema – und eine große Belastung nicht nur für die jungen Mütter. Eigentlich ist eine Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes ein Anlass großer Freude, aber für viele Frauen beginnt hier eine schwere psychische Erkrankung, die nicht nur die Mutter, sondern auch das Kind und den Vater sowie die Großeltern betrifft. Was passiert, wenn das Glück nicht greifbar ist und das Wochenbett und die Schwangerschaft ein Auslöser für eine Depression oder eine Psychose mit gravierenden Folgen für Mutter und Kind – bis hin zur Selbst- oder Kindstötung – ist? Christa Beau sprach mit 13 Frauen sowie ihren Angehörigen über die schwere Zeit in ihrem Leben. Sie erzählen, wer an ihrer Seite stand, welche Hilfen sie erfuhren und welche sie vermissten. Der Leser fühlt und lebt durch die Ich – Perspektive direkt mit. So erzählen z.B. Carla, Claudia, Jeanette und Lisa den Lesern auf ernüchternde Weise von ihrer schweren Kindheit, die wohl Mitauslöser für die psychische Erkrankung waren. Bedrückend ist auch immer wieder die Darstellung der inneren Leere, kein Gefühl für das Kind zu empfinden: „ Da war ich nun, sah auf mein Kind und fühlte nichts!“ (S.26) Die zahlreichen Fallgeschichten sind für psychiatrisch Tätige, Angehörige und auch Betroffene lesbar und wertvoll. Alle Berichte kreisen um die Frage, was getan werden muss, damit die neue kleine Familie angemessene Hilfe erfährt oder, um mit den Worten einer erkrankten Mutter (Lisa) zu sprechen: Kein Arzt, keine Hebamme, kein schlaues Eltern–Heft erwähnt diese Hölle. Durch gezielte Aufklärung könnte vielen Müttern und Familien unendliches Leid erspart werden!“ Dr. Caroline TrautmannBonn Ich könnte doch glücklich sein Ich könnte doch glücklich seinChrista Beau (2015):Erfurt: Dorise-VerlagISBN: 978-3-942401-90-6, 107 Seiten 14 Frauen mit Schwangerschaftsdepression oder -psychose erzählen ihr Leben. Ungeschminkte Berichte, die ergreifen – und helfen können. Das Unverständliche, die bei einem selbst vermutete Schuld, bekommt einen Namen: Das ist etwas, das auch andere kennen, andere Frauen, die trotz manchmal großer Probleme in das Leben zurückgefunden haben und nun darüber berichten. Sehr gut ist der weite Rahmen des Konzepts von Christa Beau. Die Schwangerschaftspsychose oder -depression steht zwar im Zentrum, aber das ganze Leben der betroffenen Frauen wird gewürdigt und so manchmal eine geeignetere Perspektive zum Blick auf die Krankheit nahegelegt. Bei aller berichteten Härte ein Buch, das betroffenen Frauen Mut machen kann und auch in der Lage ist, in der sozialen Umgebung Verständnis zu wecken, und das die Möglichkeiten von Unterstützung und Hilfe aufscheinen lässt. Elisabeth Menrad & Dr. Volker FriebelTübingen